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Newsletter des ITI Germany 10/2020

 
     
 

Newsletter des ITI Germany 10/2020

Liebe Leser:innen,

in Deutschland hat die Saison wieder begonnen. Auch wenn Schließungen der Theater nun wieder drohen, konnten unsere Bühnen zumindest eine Zeit lang spielen, wurden Schauspieler:innen, Regisseur:innen, Akteur:innen der Stadt- und Staatstheater mindestens anteilig weiterhin entlohnt, wurden wenigstens Digitalprojekte durch die Förderer unterstützt. Für Kunstschaffende anderer Länder sieht die Situation oft ganz anders aus.

Die Metropolitan Opera in New York zum Beispiel ist seit März geschlossen und bleibt dies auch - mindestens bis zum Ende dieser Spielzeit. Die Künstler:innen, Orchestermusiker:innen, aber auch Techniker:innen und alle anderen Mitarbeiter:innen sind seit April unbezahlt beurlaubt. Wie es weitergeht, weiß eigentlich niemand genau. Einer sicheren Zukunftsplanung stehen nun auch die am 3. November stattfindenden Präsidentschaftswahlen entgegen.

Während Joe Biden und Kamala Harris die Unterstützung der Kunst- und Kulturbranche als zentrales Thema ihrer Kampagne verorten, hat Donald Trump in seiner noch laufenden Amtsperiode Initiativen wie das President’s Committee on the Arts and Humanities abgeschafft und damit gedroht, auch das National Endowment for the Arts, das bereits 1965 vom Kongress als unabhängige föderale Einrichtung für die Förderung von Kunst und Kultur gegründet wurde, zu eliminieren. Künstler:innen verschiedener Sparten versuchen deshalb durch Aktionen die Öffentlichkeit darauf aufmerksam zu machen, wie wichtig die Wahl auch in Bezug auf den Bereich Kultur ist. Beispielgebend dafür berichten wir in diesem Newsletter über die Kunstaktion Constance Hockadays. Sie wirkte 2017 auch als Künstlerin beim ITI-Symposium The Right to the Seas bei Theater der Welt in Hamburg mit.
Dies wird ein heißer Herbst, so viel ist sicher, und viele Weichen werden gestellt, die die Freiheit des künstlerischen und politischen Ausdrucks in den USA auf Jahre hin bestimmen werden. Es bleibt zu hoffen, dass der Ausgang für den Kulturbereich positiv sein wird.

Und in Europa? In Europa werden die Kräfte der Kulturpolitik gebündelt. Das European Theatre Forum soll erstmalig eine kulturpolitische Vertretung für die europäische Theater- und darstellende Kunst-Szene innerhalb und außerhalb Europas schaffen. Dies ist dringend notwendig in diesen Zeiten und weist hoffentlich den richtigen Weg für eine starke, vereinte Position der Kulturschaffenden. Online können Sie sich nun bereits über das vom ITI mitkuratierte Programm informieren.

Ihre Redaktion

 
     
   
     
 

NEWS ZUM ITI, PROJEKTE UND KULTURPOLITISCHE THEMEN

Proteste in Belarus gehen weiter

Wie im September-Newsletter berichtet, wurde die Musikerin und Oppositionelle Maria Kalesnikava von der Regierung in Belarus wegen des Versuches eines politischen Umsturzes verhaftet. Die Künstlerische Direktorin des Minsker Kulturprojektes „OK16“ bleibt nun weiter in Untersuchungshaft. Das entschied ein Gericht in der Hauptstadt Minsk und wies eine Beschwerde damit zurück. Ihr wird Gefährdung der nationalen Sicherheit vorgeworfen. Dies kann eine Strafe von bis zu fünf Jahren Haft zur Folge haben.

Vor dem Gerichtssaal hatten sich Unterstützer:innen versammelt, darunter auch die Botschafter:innen einiger EU-Länder. Kalesnikava selbst hat wegen Morddrohungen gegen die Polizei und den Geheimdienst KGB Anzeige erstattet.
Die Proteste im Land gehen also weiter.

Gleichzeitig erhält die Demokratiebewegung aber auch Beistand aus dem Ausland. Am 6. Oktober traf sich Swetlana Tichanowskaja, eine der Anführerinnen der Demokratiebewegung, mit Kanzlerin Angela Merkel in Berlin, um die Unterstützung Deutschlands in der aktuellen Situation zu besprechen.

Studierendenproteste in Ungarn symbolisch für Demokratiekampf

Blickt man auf die allgemeine Situation in Ungarn, ist schnell zu erkennen, dass der Protest an der renommierten Theater- und Filmuniversität SZFE symbolisch für die Kritik an der aktuellen Regierung steht.

Mit der Ernennung Attila Vidnyánszkys zum Direktor der regierungsnahen „Stiftung für Theater und Filmkunst“, die die Universität nun übernehmen soll, steht ein Mann an der Spitze, der bereits sechs großen Theaterorganisationen und -institutionen in Ungarn vorsteht. Der Theater- und Opernregisseur wurde schon 2013 unter Orbán zum Intendanten des Budapester Nationaltheaters ernannt. Durch die sukzessive Berufung Vidnyánszkys in wichtige Posten der Theaterszene konnte Orbán seine übergreifende Einflussnahme im Theaterbereich ausweiten.

Die Umwandlung der Universitätsleitung steht in einer Linie des Kulturkampfes Orbáns und seiner Fidesz-Partei. Durch den Wechsel richtungsbestimmender Positionen an Hochschulen und Kulturinstitutionen will Orbán langfristig die kulturellen Prozesse in Ungarn unter Kontrolle bringen.

Das ungarische ITI hat sich den Protesten angeschlossen. Anna Lakos vom ungarischen ITI hat einen ausführlichen Bericht über die Hintergründe dieses politischen Transformationsprozesses im Bildungsbereich geschrieben.

Wahlkampf mit Kunst

In den USA schalten sich auch Kunstschaffende in den Wahlkampf ein und versuchen durch öffentlichkeitswirksame Aktionen die Wichtigkeit der Präsidentschaftswahl am 3. November zu unterstreichen.

Die New Yorker Künstlerin Constance Hockaday, initiierte die Aktion Artist in Presidents, in der sie 50 Künstler:innen bat, den Wahlkampf über Podcasts, die Sozialen Medien und eine virtuelle Galerie zu kommentieren. Inspiriert ist das Projekt von Franklin Delano Roosevelt's Fireside Chats, die er während der Großen Depression dazu nutzte, um die Öffentlichkeit über Radio direkt zu erreichen und die Bevölkerung dazu anzuregen aktiv an der Demokratiegestaltung mitzuwirken.

Gründung des Verbands der Theaterautor:innen

Am 2. Oktober 2020 wurde im Berliner Grips Theater der Verband der Theaterautor:innen (VTheA) gegründet. Ziel des Verbandes ist es, die beruflichen Interessen und Rechte der Theaterautor:innen zu vertreten und ein neues Bewusstsein für die Bedeutung von Theatertexten in der gesellschaftlichen Öffentlichkeit und innerhalb des Theaterbetriebs zu schaffen. Der Verband vertritt alle klassischen und neueren Formen von Theatertexten und setzt sich so für die Vielfalt und Sichtbarkeit dramatischer Kunst ein. Er möchte dafür mit allen Vertreter:innen im Theater, der Politik und den zuständigen Bühnenvereinigungen zusammenarbeiten.

Hier ist die Pressemitteilung zu lesen.

ITI Mitglied Rolf Bolwin erhält Bundesverdienstkreuz

Rolf Bolwin, Mitglied des ITI, hat das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland erhalten. Der langjährige Geschäftsführende Direktor des Deutschen Bühnenvereins wurde am 28. September für sein Engagement für das Kulturland Thüringen und für die Deutsche Theater- und Orchesterlandschaft geehrt. In seiner Funktion beim Deutschen Bühnenverein war er maßgeblich an der Gestaltung der Tarifverträge für das künstlerische Personal und die Strukturen der Theater und Orchester von Arbeitgeberseite beteiligt. Zudem engagierte er sich dafür, dass die künstlerische Vielfalt der deutschen Theater- und Orchesterlandschaft in die deutsche Liste des immateriellen Kulturerbes aufgenommen wurde.

AUSSCHREIBUNGEN

Neustart Kultur

Im Rettungspaket für den Kultur- und Medienbereich der BKM NEUSTART Kultur gehen einige der Förderprogramme in die nächste Phase. Für das vom Dachverband Tanz koordinierte Programm DIS-TANZEN startet eine neue Ausschreibungsrunde ab dem 2. November 2020. Der Fonds Darstellende Künste hat zudem neue Förderprogramme für die freie Szene aufgesetzt. Das umfassende Maßnahmenpaket #TakeThat umfasst insgesamt 11 Programme, die sich an frei produzierende Künstler:innen/-gruppen aller Sparten sowie Produktionsorte und Festivals der freien Szene in Deutschland richten. Das Sonderprogramm autonom setzt den Fokus auf das Feld der Künstlichen Intelligenz in den darstellenden Künsten.
Der Deutsche Übersetzerfonds legt neue Programme auf, die sich auch an Theaterübersetzer:innen richten. Mit den RADIAL-Stipendien werden in Deutschland lebende Übersetzer:innen einbezogen, die aus dem Deutschen in andere Zielsprachen übersetzen. Das Programm extensiv initiativ fördert sowohl Übersetzer:innen als auch Verlage. Außerdem wurde ein Projektfonds eingerichtet, der neue Angebote von Kultureinrichtungen und Initiativen der freien Szene, die sich dem literarischen Übersetzen widmen, unterstützt.

VERANSTALTUNGEN

Wir alle hatten uns auf ein hochkarätiges Programm der 30. Ausgabe der euro-scene Leipzig gefreut und auf die diesjährige ITI-Jahrestagung HYBRIDITY AND EQUALITY?, die im Rahmen des Festivals in Leipzig stattfinden sollte. Doch wie so viele Veranstaltungen in diesen Tagen musste auch sie aufgrund der Corona-Entwicklungen in das Jahr 2021 verschoben werden.

In einer Online-Veranstaltung exklusiv für die Mitglieder des ITI am Sonntag, 8. November, wird Nora Amin, Kuratorin von HYBRIDITY AND EQUALITY?, einen kurzen Überblick über ihren konzeptuellen Ansatz geben. Im Anschluss spricht Vizepräsidentin Martine Dennewald mit Stefan Schmidtke, Kurator von Theater der Welt 2020/21, und auch dem Leitungsteam von Theater der Welt 2023 in Frankfurt/Offenbach über den Ist-Zustand und die Zukunft internationaler Theaterarbeit in der „neuen Normalität“ aus dem Blickwinkel der nächsten und übernächsten Ausgabe unseres Festivals. Statements zu dieser Thematik werden auch Künstler:innen des Festivals Theater der Welt 2021 in Düsseldorf geben: Bruce Chadwin (Back to Back Theatre, Australien), Nadia Ross (STO Union, Canada) und Lara Foot (Handspring Puppet Company, Südafrika).

European Theatre Forum

Vom 11.-13. November findet das European Theatre Forum: Performing Arts in Focus statt. Dieses erste Treffen seiner Art, das alle im Bereich der darstellenden Künste tätigen Netzwerke und Organisationen in Europa zusammenbringen und künftig den Dialog des Theatersektors mit der Politik gestalten soll, wird nun aufgrund der Pandemieentwicklung komplett online stattfinden. Gemeinsam von der Europäischen Kommission und der deutschen EU-Ratspräsidentschaft getragen richtet sich das Diskussionsprogramm an geladene Gäste. Über einen Livestream können die Talks und Panels mitverfolgt werden.

ResiliArt: Kunst und Kultur in Zeiten der Covid-19-Pandemie

Die Deutsche UNESCO-Kommission lädt in Kooperation mit der Kulturpolitischen Gesellschaft und den deutschen UNESCO Creative Cities zur zweiten Online-Debatte der Serie „ResiliArt: Kunst und Kultur in Zeiten der Covid-19-Pandemie“ ein. Am 4. November 2020 um 14:00 Uhr diskutieren unter anderem Skadi Jennicke (Vorsitzende Kulturausschuss des Dt. Städtetags), Anna Zosik (Kulturstiftung des Bunds) und Reiner Michalke (Europäisches Zentrum für Jazz). Um an dem Zoom-Webinar teilzunehmen, melden Sie sich bitte bis zum 2. November 2020 über das Anmeldeformular zur Veranstaltung an.

KSK?! Workshop

KSK?! In einer praktischen Online Session am 12. November um 18 Uhr werden Fragen und Erfahrungen zur Antragsstellung bei der Künstlersozialkasse präsentiert. Die Teilnehmer lernen die Voraussetzungen, Leistungen und Kosten als Mitglied bei der KSK. Im praktischen Teil wird gemeinsam das Antragsformular durchgegangen. Der Workshop wird von DOCK11 organisiert und von Felix Sodemann (ITI) und Yusuf Sahilli (Landesmusikrat Berlin) durchgeführt.

ITI International Special General Assembly

Der letzte Weltkongress des ITI fand im Sommer 2017 im spanischen Segovia statt. Aufgrund der Pandemie ist das nächste weltweite Treffen in weiter Ferne. Die Weltausstellung EXPO 2020 in Dubai, in deren Rahmen der 36. Weltkongress stattfinden sollte, ist auf Februar 2022 verlegt. 5 Jahre werden seit dem letzten Weltkongress vergangen sein. In welcher Situation befinden sich die ITI Zentren, die Mitglieder, Komitees und Foren derzeit? Was sind die Strategien des ITI für die Zukunft? Wie können wir einander besser unterstützen?

Das Generalsekretariat und der Exekutivrat des ITI haben beschlossen, eine Generalversammlung jenseits des satzungsmäßigen Procedere durchzuführen, in dem diese und weiter Fragen der Organisation unter Teilnahme von Mitgliedern aus allen Kontinenten in den Fokus gestellt werden sollen.

Vom 10.-15. Dezember findet eine Sonderausgabe der Generalversammlung des ITI online statt, in dem sich die nationalen ITI-Zentren, die Fachkomitees, Foren und Netzwerke mit ihren derzeitigen Projekten, Problemen und Plänen in kurzen „Pitches“ präsentieren werden. Eröffnungsvorträge und Präsentationen werden öffentlich im Netz gestreamt. In einem internen Forum für ITI-Mitglieder werden am letzten Tag Strategien und künftige Projekte besprochen.