ITI-Germany Newsletter |
|
|
|
|
|
|
|
 |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Liebe Leser:innen,
die neue Spielzeit hat in den meisten Bundesländern wieder begonnen, Theaterhäuser öffnen, Künstler*innen spielen. Endlich, möchte man sagen, ist ein Zusammenkommen wieder möglich. Aber was sind die neuen Bedingungen, die das Spielen überhaupt zulassen? Wie sieht das Theatermachen in Zeiten von räumlichen Begrenzungen, Abstandsbestimmungen und Luftanalysen aus?
Unsere vor der Sommerpause durchgeführte Interviewreihe „Lieber die Krise weglassen“ fühlte bei Kurator*innen, Intendant*innen, Künstler*innen nach, wie ein Arbeiten während der Krise für das Nach-der-Krise aussieht. Ein Nachhören ist auch jetzt noch möglich und ist mittlerweile fast ein Zeitzeugnis des Lockdowns.
Erinnert werden soll hier aber auch, dass viele Regionen der Welt, in denen auch vor der Pandemie starke ökonomische und gesellschaftliche Benachteiligungen herrschten, durch das Virus wesentlich härter getroffen wurden, als es für Deutschland der Fall war. Diskussionsprozesse zu Verantwortung und Gerechtigkeit in einer internationalen Theaterlandschaft sind derzeit wichtiger denn je und sollten als dialogische Plattformen die Möglichkeit zu einem gleichberechtigten Austausch, über die nationalen Grenzen hinaus, auch über die europäischen Grenzen hinaus, geben. Hier will das ITI mit seiner diesjährigen Jahrestagung anschließen. Kuratiert von Nora Amin, Autorin, Choreografin und Autorin, wird die Tagung zu Gast sein in Leipzig bei der diesjährigen Ausgabe des Festivals euro-scene Leipzig und die neue Normalität in der Theaterwelt befragen.
Wir schauen einem anderen, aber auch einem wichtigen Theaterjahr entgegen, das die Weichen neu stellen kann für das Wirken und das Arbeiten in der Kultur weltweit.
Ihre Redaktion
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
NEWS ZUM ITI, PROJEKTE UND KULTURPOLITISCHE THEMEN

Die ungarische Regierung weitet ihren Einfluss auf Hochschulen und Kulturinstitutionen im Land weiter aus. Mit einer Reform soll die Theater- und Filmuniversität in Budapest in eine Stiftung überführt werden, die der rechtsnationalen Regierung Viktor Orbáns nahesteht und die Universität in ihrer Autonomie beschneidet. Ein ursprünglich für ein halbes Jahr gedachter Anpassungsprozess wurde auf drei Monate verkürzt und der Senat der Universität durch den vom zuständigen Ministerium für Innovation und Technologie berufenen Aufsichtsrat der künftigen Stiftung von allen Strukturgesprächen ausgeschlossen, schreibt die langjährige ungarische ITI-Direktorin Anna Lakos. Der Aufsichtsrat wird geführt von dem Intendanten des ungarischen Nationaltheaters Attila Vidnyánszky, einem Schauspieler des Nationaltheaters, einem Filmproduzenten und den Geschäftsführern zweier Ölkonzerne. Die Besetzung der Universität durch ihre Studierenden erfuhr Solidarität von Theaterschaffenden aus der ganzen Welt unter dem Hashtag #FreeSZFE. Unter anderem das Berliner Ensemble, das Bread and Puppet Theatre und das Hamburger Thalia Theater unterstützen die Proteste. Die Pressemitteilung der Besetzer*innen kann auf nachtkritik nachgelesen werden. Hier ist der Text ihrer Magna Charta Universitatum. |
|
In Belarus beteiligen sich derzeit viele Künstler*innen an Aktionen, Flashmobs und öffentlichen Protesten, um auf die aktuelle Situation nach den Wahlen aufmerksam zu machen. Der Intendant des Janka-Kupala-Nationaltheaters in Minsk, Pawel Latuschko, wurde wegen seiner Kritik an der Polizeigewalt und Beteiligung an Protestdemonstrationen entlassen. Als Konsequenz kündigten zahlreiche Schauspieler*innen und Mitarbeiter*innen des Theaters von sich aus.
Das Verschwinden der Musikerin Maria Kalesnikava führte zu großen Protesten auch der deutschen Kulturszene. Die Art-Direktorin des Minsker Kulturprojektes „OK16“ lebte lange in Stuttgart und ist dort in der Kulturszene gut vernetzt. In einem offenen Brief an die Bundeskanzlerin haben Künstler*innen und Kulturschaffende die Aufklärung der Situation gefordert. Inzwischen ist klar, dass Kalesnikava auf Anweisung der Regierung wegen des Versuchs eines Umsturzes verhaftet wurde. Wie sich die Demonstrationen weiterentwickeln werden ist derzeit noch unklar, der belarussische Dirigent Vitalij Alekseeneok macht in einem Interview mit der Deutschen Welle darauf aufmerksam, dass von einem lange notwendigen und nachhaltigen Protest auszugehen ist. |
|
Unter dem Titel „„Equality and hybridity“ wird die öffentliche ITI-Jahrestagung 2020 im Rahmen der euro-scene Leipzig in der Alten Handelsbörse stattfinden und die Strategien von Internationalität im Theater nach außen und nach innen ins Zentrum der Diskussion stellen.
Erstmals hat das ITI die Konzeption dafür einer Kuratorin anvertraut: der Regisseurin und Autorin Nora Amin. In der Debatte mit internationalen Gästen und als künstlerische Installation wird folgenden Fragen nachgegangen: Wie kann die Dynamik der „neuen Normalität" die notwendige Veränderung der Machtverhältnisse in den darstellenden Künsten unterstützen? Wie können transnationale Kooperationen in einer postkolonialen Ära die Auflösung von Hierarchien und die Überwindung von Grenzen ermöglichen? Wie schafft man Gleichberechtigung, Teilhabe und Gemeinsamkeit in Zeiten der Isolation? Als Hybrid aus Realität und Virtualität wird die Veranstaltung am 7.11.2020 allen Interessierten offen stehen. Information zu Programm und Anmeldung ab 23. September auf der ITI- Webseite. |
|
Mit dieser Spielzeit hat Barbara Mundel, Vorstandsmitglied des ITI Zentrum Deutschland, die Intendanz an den Münchner Kammerspielen übernommen. Noch im Mai unter strengsten Corona-Bedingungen gab es eine fulminante digitale Pressekonferenz, die ein aufregendes Spielzeitprogramm verspricht.
Mundel möchte den Status des Hauses als Theater der Stadt weiterführen und die Zugänglichkeit immer wieder hinterfragen, da sie das Theater als Ort sieht, an dem gesellschaftlicher Austausch stattfindet. Die Kammerspiele wollen Spielraum für Veränderungen und Weiterentwicklungen lassen und nach neuen Verantwortlichkeiten im Theater fragen. Für diese Visionen arbeitet Barbara Mundel mit einem großen festen Ensemble zusammen. |
|

Konzert- und Theateraufführungen werden derzeit vor allem in Form von Aufzeichnungen im Internet angeboten. Brauchbare Lösungen für Live-Streams sind meist teuer und benötigen oft spezielle Hardware. Das ITI fungiert daher derzeit als Projektträger des Projekts Digital Stage, eines modularen Videokonferenzdienstes, der sich auf die Bedarfe der darstellenden Künste für das Proben und Aufführen im Digitalen konzentriert. Für dessen zweite Entwicklungsphase hat nun die Bundesministerin für Kultur und Medien (BKM) eine Projektförderung bewilligt, in der bis Ende des Jahres die Entwicklung des Dienstes vorangetrieben werden kann. Digital Stage möchte eine Möglichkeit entwickeln, die es größeren Musik- und Theaterensembles erlaubt, verteilt von verschiedenen Standorten aus und mit haushaltsüblicher vorhandener Technik im Internet zu proben und live auf einer digitalen Bühne gemeinsam vor Publikum auftreten zu können. In einem späteren Schritt sollen auch 3D Audio und Virtual Reality Formate integriert werden. Eine Testversion des Dienstes ist bereits zugänglich und kann von allen Interessierten genutzt werden. |
|
Deutschland wurde für seine schnelle finanzielle Unterstützung des Kultursektors zu Beginn von COVID-19 sehr gelobt. ITI-Direktor Thomas Engel betont im Interview mit The Stage, dass dennoch in vielen Bereichen noch Klarheit darüber geschaffen werden muss, wie Kulturinstitutionen und auch freiberufliche Kulturschaffende ihre Arbeit nun wieder aufnehmen können. Hier verweist er vor allem auf die Notwendigkeit eines Kulturministeriums, bei dem alle Informationen zusammenlaufen und das einheitliche Regelungen für ganz Deutschland schafft. Die verschiedenen Regularien auf Bundesländerebene erschweren den Kulturschaffenden sowohl die Zugänglichkeit zu Geldern wie auch die Umsetzung von Vorgaben im Arbeitskontext selbst.
|
|
Seit einiger Zeit ist in der Öffentlichkeit vermehrt von der Rückkehr zu einem „new normal“ die Rede – so viel Alltag wie möglich, so viel Sicherheit wie nötig. Im Juni, also während der schrittweisen Öffnung der meisten öffentlichen Einrichtungen, haben wir mit ITI-Mitgliedern aus unterschiedlichen künstlerischen und institutionellen Kontexten über ihre Erfahrungen und Pläne gesprochen, über neuartige Festivalformate, die Zukunft internationaler Kooperationen und den Wunsch, wertvolle Zeit statt für die Erarbeitung von Hygienevorschriften und der Beantragung von Sonderfördermaßnahmen endlich wieder für Kunst aufwenden zu können.
Im Interview erklärte damals Wilfried Schulz, Intendant des Düsseldorfer Schauspielhauses, dass die eigentlichen Herausforderungen erst in den nächsten Spielzeiten auf die Institutionen und Künstler*innen zukommen werden. Gerhard Haag und Kerstin Ortmeier vom africologne festival (Köln) ordneten die Pandemieentwicklungen in einen größeren Kontext der ökologischen und politischen Entwicklungen ein. Wie können internationale Festivals in den nächsten Monaten, aber auch darüber hinaus, gestaltet werden? Die Formel von der Brennglasfunktion der Krise ist in den letzten Monaten viel bemüht worden. Vielleicht geht man aus Krisen nicht gestärkt hervor, die pandemisch verschärfte Weltsituation ist dennoch eine andauernde Aufforderung zum Innehalten.
Lieber die Krise weglassen? Gespräche mit den ITI-Mitglieder Annette Dabs, Martine Dennewald, Gerhard Haag und Kerstin Ortmeier, Carena Schlewitt, Sophia Stepf und Axel Tangerding. |
|
AUSSCHREIBUNGEN
Das COVID19-Rettungspaket für den Kultur- und Medienbereich der BKM umfasst ein umfangreiches milliardenschweres Programm für die gesamte Kulturszene. Auch die darstellenden Künste stehen dabei im Zentrum der Förderung. Im Programm dive.in der Kulturstiftung des Bundes werden digitale Interaktionen von Kultureinrichtungen gefördert. Den Wiedereinstieg in der Tanzszene fördern die Programme DIS-TANZEN (Dachverband Tanz Deutschland), Tanzpakt: Reconnect (DIEHL + RITTER gUG)und NPN-Stepping Out (Joint Adventures). Der Fonds Darstellende Künste kümmert sich um Projekte freier Künstler*innen. Mit dieser breiten Aufstellung will die Staatsministerin für Kultur und Medien eine möglichst offene Zukunftsperspektive für die Künste bieten.
|
|
Die Kulturpolitische Gesellschaft vergibt erstmals den kulturpolitischen Zukunftspreis KULTURGESTALTEN.Der von der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien geförderte Preis soll alle zwei Jahre herausragende Praxisbeispiele zukunftsweisender Kulturpolitik in Deutschland auszeichnen.
Bewerben können sich ab sofort und bis zum 30.11. öffentliche, private und zivilgesellschaftliche Institutionen und Zusammenschlüsse, “für die ressort- und disziplinübergreifende Strategien entwickelt, strukturell-inhaltliche Experimente gewagt, wegweisende Ansprüche für Kulturpolitik und Kulturplanung definiert, innovative Herangehensweisen entworfen und neue Zielgruppen oder Communities erreicht wurden.“ Die Preisvergabe erfolgt am 26. Mai 2021 im Rahmen des 11. Kulturpolitischen Bundeskongresses. |
|
VERANSTALTUNGEN
Das MONTHLY MEET-UP geht nach einer Sommerpause am 21. September mit einem leicht veränderten Konzept in einer neuen Location weiter. Die Veranstaltung richtet sich an transnationale Künstler*innen und Kreative, die neu in Berlin sind, und unterstützt sie bei ihren ersten Schritten zur beruflichen Etablierung.
Unter dem Titel „What’s the deal with Förderung“ wird den Workshop-teilnehmenden ein Einblick in die hiesige Förderlandschaft und die Prozeduren der Antragsstellung gegeben. Durch Vorträge der zwei Gäste Gabi Beier (Ada Studios) und Solvej Ovesen (Galerie Wedding) soll den Teilnehmenden ein Einblick in die Arbeit an Berliner Kulturinstitutionen geboten werden. |
|

Am 20.11. wird unter dem Titel „Sammlung trifft Forschung“ das erste gemeinsame Arbeitstreffen der TheSiD (Bundesverband der Theatersammelnden Institutionen in Deutschland) und der AG Archiv/Gesellschaft für Theaterwissenschaft stattfinden. In sieben Fachworkshops wird Theater im Verhältnis von Digitalität, Dokumentation, Musealität, Archivpraxis und Wissensstruktur diskutiert. Ebenso ist die Beziehung von Theater und Archiv im kulturwissenschaftlichen Zusammenhang von Postkolonialität und Diversität im Zentrum der Diskussion. Die Mediathek für Tanz und Theater des ITI ist Digitalpartner des Treffens und fachlich an der Vorbereitung des Treffens beteiligt. Im Sommer 2021 wird es eine Fortsetzung dieser Arbeitsreihe geben, dann in der Theaterwissenschaftlichen Sammlung der Universität zu Köln im Schloss Köln-Wahn. Die genauen Daten werden zeitnah bekannt gegeben. |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|